Steuerupdate Mai 2023
Inhaltsverzeichnis der Ausgabe 05/2023:
Alle Steuerzahler
- Energiepreispauschale für Rentner: Keine Eintragungen in der Steuererklärung 2022
- Minderjährige Kinder: Zuwendungsnießbrauch kann Gestaltungsmissbrauch sein
- Energiepreispauschale für Studierende und Fachschüler: Antrag ist endlich möglich
Kapitalanleger
Freiberufler und Gewerbetreibende
- Pensionszusagen: Keine Rückstellung bei schädlichen Vorbehalten
- Mitarbeiterboni ohne Rechtsanspruch: Rückstellung dennoch möglich
Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften
Umsatzsteuerzahler
- Merkblatt für Unternehmer in der Bauwirtschaft
- Organschaft: Neue Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung
Arbeitnehmer
Abschließende Hinweise
- Grundrentenzuschlag: Steuerbescheide werden automatisch korrigiert
- Broschüre „Vereine & Steuern“ neu aufgelegt
- Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 05/2023
- Verzugszinsen
Alle Steuerzahler
Energiepreispauschale für Rentner: Keine Eintragungen in der Steuererklärung 2022
Die mit dem Rentenbeziehende-Energiepreispauschalengesetz geregelte Einmalzahlung von 300 EUR (EPP II) unterliegt der Einkommensteuer. In der Einkommensteuererklärung für 2022 ist sie dennoch nicht anzugeben.
Eine an Rentenbeziehende ausgezahlte EPP II war von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung und der landwirtschaftlichen Alterskasse in einer gesonderten Rentenbezugsmitteilung bis zum 28.2.2023 an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Daher fließt der Betrag automatisch in die Einkommensteuer-Veranlagung ein.
Der Grund für dieses kurios anmutende Prozedere ist einfach: Der zeitliche Vorlauf war zu knapp, um in den Vordrucken für die Einkommensteuererklärung 2022 eine entsprechende Eintragungsmöglichkeit vorzusehen.
Quelle FinMin Schleswig-Holstein, Einkommensteuer-Kurzinformation Nr. 2023/2 vom 3.2.2023
Minderjährige Kinder: Zuwendungsnießbrauch kann Gestaltungsmissbrauch sein
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat folgender Gestaltung eine Absage erteilt: Bestellung eines zeitlich befristeten Nießbrauchs an einem langfristig an eine elterliche GmbH vermieteten Grundstück durch Eltern zugunsten ihrer bei Nießbrauchsbestellung noch minderjährigen Kinder. Da die Eltern die Revision eingelegt haben, muss nun der Bundesfinanzhof entscheiden.
Hintergrund
Die Bestellung eines (zugewendeten) Nießbrauchs an einem Mietgrundstück zugunsten eines nahen Angehörigen wird steuerlich grundsätzlich anerkannt, wenn der Nießbrauch wie zwischen fremden Dritten vereinbart und so auch tatsächlich durchgeführt wird.
Außerdem muss der Nießbraucher gegenüber den Mietern in die Rechtsstellung eines Vermieters eintreten. Werden diese Voraussetzungen erfüllt, sind die Vermietungseinkünfte nicht mehr dem Eigentümer, sondern dem Nießbraucher zuzurechnen.
Vor allem bei Nießbrauchsvereinbarungen zwischen Eltern und ihren (minderjährigen) Kindern kommt es hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung oft zum Streit mit dem Finanzamt, wenn dieses einen Gestaltungsmissbrauch i. S. des § 42 Abgabenordnung (AO) unterstellt.
Vereinfachter Sachverhalt |
Eltern hatten ihren minderjährigen unterhaltsberechtigten Kindern zeitlich befristet einen Nießbrauch an einem Grundstück bestellt, das langfristig bis zur Beendigung des Nießbrauchs an eine von den Eltern beherrschte GmbH vermietet ist. |
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich in seiner Urteilsbegründung ausführlich mit der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt und die vorliegende Gestaltung abgelehnt.
Im Kern ergibt sich die Nichtanerkennung des Nießbrauchs daraus, dass bei der Prüfung der jeweiligen Kriterien die von den Eltern (im Wechsel der Elternteile) beherrschte GmbH nicht wie eine fremde dritte Person mit von den Eltern unabhängiger Willensbildung angesehen werden kann.
Zudem führte das Finanzgericht aus: Die zeitlich befristete Übertragung eines zeitlich identisch unkündbaren Mietvertrags zwischen Eltern und GmbH auf die minderjährigen Kinder erscheint unwirtschaftlich, umständlich, gekünstelt sowie überflüssig und erweist sich nur als formale Maßnahme zur Steuerersparnis (Ausnutzung der Grundfreibeträge der Kinder und des Progressionsgefälles zwischen Eltern und Kindern).
Beachten Sie Allein das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine Gestaltung noch nicht unangemessen. Die Unangemessenheit einer Rechtsgestaltung tritt aber zutage, wenn diese keinem wirtschaftlichen Zweck dient.
Quelle FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.3.2022, Az. 16 K 4112/20, Rev. BFH Az. IX R 8/22, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 232561
Energiepreispauschale für Studierende und Fachschüler: Antrag ist endlich möglich
Studierende und Fachschüler können aufatmen: Denn seit dem 15.3.2023 kann die einmalige Energiepreispauschale (EPP) in Höhe von 200 EUR (endlich) beantragt werden.
Voraussetzungen
Knapp drei Millionen Studierende und 450.000 Schüler in Fachschulklassen und Berufsfachschulklassen können von der EPP profitieren. Für die Auszahlung ist es erforderlich, dass die jeweilige Person am 1.12.2022 an einer Hochschule in Deutschland immatrikuliert bzw. an einer Berufsfachschule angemeldet war. Einen Anspruch haben:
- Studierende,
- Schüler in Fachschulklassen, deren Besuch eine berufsqualifizierende Berufsausbildung voraussetzt,
- Schüler in Berufsfachschulklassen und Fachschulklassen, die in einem mindestens zweijährigen Ausbildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln sowie
- Schüler in vergleichbaren Bildungsgängen.
MERKE Die EPP unterliegt nicht der Besteuerung. Sie wird weder bei einkommensabhängigen Leistungen und Sozialleistungen noch bei Sozialversicherungsbeiträgen berücksichtigt. |
Antragstellung
Ursprünglich sollte das Antrags- und Auszahlungsverfahren noch im Winter 2022/2023 beginnen. Doch die Schaffung neuer Strukturen dauerte länger als gedacht. Seit dem 15.3.2023 ist ein Antrag nun aber endlich möglich. Die EPP muss nach § 2 des Studierenden-Energiepreispauschalengesetzes bis spätestens zum 30.9.2023 beantragt werden.
Die EPP kann über eine eigens entwickelte Onlineplattform beantragt werden (www.einmalzahlung200.de/eppsg-de). Hier erhalten Studenten und Fachschüler auch zahlreiche Informationen, insbesondere zur Antragstellung.
Antragsteller benötigen einen Zugangscode, den sie von ihrer Ausbildungsstätte erhalten. Zur Anmeldung benötigen sie dann ein BundID-Konto. Um hiermit die Identität nachzuweisen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- den Online-Ausweis, wozu z. B. der Personalausweis genutzt werden kann, oder
- das persönliche ELSTER-Zertifikat, das ggf. vorher bei der Finanzverwaltung beantragt werden muss.
MERKE Für die Online-Ausweisfunktion benötigt man ein aktuelles Smartphone und eine Identifizierungs-App (beispielsweise die AusweisApp2). |
Wer weder den Online-Ausweis noch ELSTER nutzen kann, erhält von der Ausbildungsstätte eine PIN zum Zugangscode, die im Antrag einzugeben ist. Für die Variante mit PIN wird ebenfalls ein BundID-Konto benötigt, wobei hier die sogenannte Basisregistrierung für das BundID-Konto mit Benutzername und Passwort genügt.
Darüber hinaus ist bei der Antragstellung eine Kontoverbindung anzugeben.
Beachten Sie Nach Informationen der Bundesregierung erfolgt die Auszahlung zügig: Das Geld ist meist innerhalb von zwei Werktagen auf dem Konto.
Quelle Studierenden-Energiepreispauschalengesetz, BGBl I 2022, S. 2357; Die Bundesregierung: „Energiepreispauschale für Studierende“ mit Stand vom 29.3.2023
Kapitalanleger
Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz: Voraussichtliche Staatenaustauschliste 2023
Nach den Vorgaben des Finanzkonten-Informationsaustauschgesetzes werden Informationen über Finanzkonten in Steuersachen zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern und der zuständigen Behörde des jeweils anderen Staates automatisch ausgetauscht. Das Bundesfinanzministerium (Schreiben vom 23.2.2023, Az. IV B 6 - S 1315/19/10030 :051) hat nun die Staaten bekanntgegeben, mit denen voraussichtlich der automatische Datenaustausch zum 30.9.2023 erfolgt. Weiterführende Informationen zum Informationsaustausch über Finanzkonten erhalten Sie u. a. auf der Webseite des Bundeszentralamts für Steuern (unter www.iww.de/s2991).
Freiberufler und Gewerbetreibende
Pensionszusagen: Keine Rückstellung bei schädlichen Vorbehalten
Enthält eine Pensionszusage den Vorbehalt einer Änderung im Streitfall konnte der Arbeitgeber die Transformationstabelle und den Zinssatz nach freiem Ermessen ändern sind die Voraussetzungen für eine Rückstellung im Sinne des § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) nicht erfüllt. Dies hat der Bundesfinanzhof entschieden.
Hintergrund
Für eine Pensionsrückstellung müssen nach § 6a EStG einige Spielregeln eingehalten werden. Beispielsweise muss die Pensionszusage schriftlich erteilt werden und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten. Sie darf darüber hinaus keinen Vorbehalt enthalten, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann.
Aktuelle Entscheidung
Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist eine Pensionsrückstellung steuerlich nur zulässig, wenn der Vorbehalt ausdrücklich einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.
Demgegenüber sind uneingeschränkte Widerrufsvorbehalte, deren arbeitsrechtliche Gültigkeit oder Reichweite zweifelhaft oder ungeklärt ist, schädlich. So war es auch im Streitfall, da der Vorbehalt eine Änderung der Pensionszusage in das Belieben des Arbeitgebers stellte.
Quelle BFH-Urteil vom 6.12.2022, Az. IV R 21/19, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 234249; BFH, PM Nr. 18/23 vom 16.3.2023
Mitarbeiterboni ohne Rechtsanspruch: Rückstellung dennoch möglich
Eine (steuermindernde) Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten setzt u. a. voraus, dass mehr Gründe für als gegen eine Inanspruchnahme sprechen. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster kann sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Verbindlichkeit auch aus der seit Jahren bestehenden ständigen Übung ergeben, Mitarbeiterboni ohne rechtliche Verpflichtung auszuzahlen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Sachverhalt |
Die A-GmbH zahlte ihren Mitarbeitern Boni, ohne dass hierüber schriftliche Verträge gefasst wurden. Neue Mitarbeiter erhielten bei der Einstellung u. a. folgende Informationen: „Für Jahre mit gutem Geschäftsverlauf und guter Perspektive zahlt A im Frühjahr des folgenden Kalenderjahrs einen Bonus an die Mitarbeiter. Beim Bonus handelt es sich um eine freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch.“
Tatsächlich zahlte die A-GmbH in den Vorjahren, im Streitjahr 2014 und in den Folgejahren Mitarbeiterboni. Im Streitjahr erfolgte eine Zuführung zur Rückstellung in Höhe von ca. 300.000 EUR. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung aber nicht an. Begründung: Die Arbeitnehmer hätten keinen Rechtsanspruch auf die Auszahlung der Boni. Zudem würden sich die freiwilligen Bonusleistungen nicht nur am Betriebsergebnis des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs, sondern auch an der zukünftigen Ertragslage orientieren.
In der Folge argumentierte die A-GmbH, dass die Zahlung der Mitarbeiterboni auch nach außen kommuniziert werde. Auf ihrer Homepage werde die verbindliche Regelung von anlassbezogenen Zuwendungen und von Boni erläutert. Der Freiwilligkeitsvorbehalt bedeute lediglich, dass in einem Verlustjahr kein Bonus gezahlt werde.
Das Finanzgericht Münster erkannte die Rückstellung an. |
Nach § 249 Abs. 1 S. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) kann eine Rückstellung nicht nur dann gebildet werden,
- wenn eine Verbindlichkeit am Bilanzstichtag mit Sicherheit besteht und nur ihre Höhe ungewiss ist,
- sondern auch dann, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verbindlichkeit dem Grunde nach künftig entsteht, wobei zudem deren Höhe ungewiss sein kann.
In seiner Urteilsbegründung beschäftigte sich das Finanzgericht dann insbesondere mit dem Tatbestandsmerkmal der „Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach“, wobei es bereits ausreicht, dass die Verpflichtung überwiegend wahrscheinlich ist („51 %“).
Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Verbindlichkeit auf Auszahlung der Mitarbeiterboni ergab sich im Streitfall insbesondere aus der jahrelangen ständigen Übung der A-GmbH, Mitarbeiterboni ohne rechtliche Verpflichtung an die Mitarbeiter auszuzahlen. Äußerlich erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass die A-GmbH im Streitjahr beabsichtigte, von dieser ständigen Übung Abstand zu nehmen, waren nicht ersichtlich.
Zudem hatte die künftig entstehende Verbindlichkeit ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag 31.12.2014. Denn der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung lag in der Vergangenheit.
MERKE Das Finanzamt hatte in der mündlichen Verhandlung auf den Doppelcharakter der Mitarbeiterboni (Abgeltung der im abgelaufenen Geschäftsjahr erbrachten Leistung sowie künftige Bindung an das Unternehmen) hingewiesen. Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster löst dieser Doppelcharakter aber keinen Automatismus in dem Sinne aus, dass wegen eines bestehenden Zukunftsbezugs keine wirtschaftliche Verursachung vor dem Bilanzstichtag mehr vorliegen kann. Vielmehr sind die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte und Zielsetzungen der Mitarbeiterboni zu gewichten und hier war der Aspekt der Mitarbeiterbindung nur ein positiver Nebeneffekt. |
Quelle FG Münster, Urteil vom 16.11.2022, Az. 13 K 3467/19 F, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 233626
Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften
Handelsregister: Geschäftsführer müssen die Einsehbarkeit ihrer Daten hinnehmen
Das Handelsregister soll allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich über die Verhältnisse einer (Handels-)Gesellschaft zu informieren. Zu diesem Zweck sieht § 43 der Handelsregisterverordnung (HRV) u. a. vor, dass neben dem Namen eines Geschäftsführers auch dessen Geburtsdatum und Wohnort in das Register aufzunehmen sind. Hiergegen wandte sich der Geschäftsführer einer GmbH, der um seine Sicherheit fürchtete: Da er beruflich mit Sprengstoff umgehe, sah er die Gefahr, Opfer einer Entführung oder eines Raubes zu werden.
Das Oberlandesgericht Celle hat nun entschieden, dass der Geschäftsführer die Veröffentlichung dieser Daten hinnehmen muss. Funktionsfähige und verlässliche öffentliche Register sind für die Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs unerlässlich. Geschäftspartner sollen sich zuverlässig informieren können. Auch datenschutzrechtliche Widerspruchsrechte gegen die Aufnahme der Daten bestehen nicht.
Das Oberlandesgericht hat offengelassen, ob eine Löschung der Angaben bei einer tatsächlichen erheblichen Gefährdung eines Geschäftsführers in Betracht komme. Im vorliegenden Verfahren hatte der Geschäftsführer eine solche Gefährdung aber nicht näher konkretisiert. Zudem ist in dem Register ohnehin keine genaue Anschrift, sondern nur der Wohnort angegeben.
Beachten Sie Gegen den Beschluss wurde Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Quelle OLG Celle, Beschluss vom 24.2.2023, Az. 9 W 16/23, Rechtsbeschwerde beim BGH unter Az. II ZB 7/23; OLG Celle, PM vom 16.3.2023 „Persönliche Daten im Handelsregister“
Umsatzsteuerzahler
Merkblatt für Unternehmer in der Bauwirtschaft
Die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 27.1.2023, Az. III C 2 - S 7270/20/10002 :001) hat ein Merkblatt für Unternehmer in der Bauwirtschaft veröffentlicht, das wichtige Grundsätze zur Umsatzbesteuerung von Bauleistungen enthält (abrufbar unter: www.iww.de/s7879).
Organschaft: Neue Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung
Der Bundesfinanzhof hat seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung bei einer umsatzsteuerlichen Organschaft geändert. Durch ein weiteres Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof soll geklärt werden, ob an der bisherigen Annahme festzuhalten ist, dass Innenumsätze nicht steuerbar sind.
Hintergrund
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbstständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln.
Durch die Organschaft werden also mehrere Unternehmen zu einem Steuerpflichtigen zusammengefasst. Leistungsbeziehungen zwischen diesen Unternehmen werden nicht besteuert.
Der Organträger ist Steuerschuldner auch für die Umsätze, die andere eingegliederte Organgesellschaften gegenüber Dritten ausführen.
Steuerschuldner und finanzielle Eingliederung
Nach der Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof sieht der Bundesfinanzhof die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ergebende Steuerschuldnerschaft des Organträgers für die Umsätze der Organschaft (entgegen früheren Zweifeln) weiter als unionsrechtskonform an. Die vom Europäischen Gerichtshof hierfür genannten Bedingungen (Willensdurchsetzung und keine Gefahr von Steuerausfällen) werden gewährleistet. Denn der Bundesfinanzhof hat schon bisher die Möglichkeit der Willensdurchsetzung verlangt und die Organgesellschaft haftet nach § 73 der Abgabenordnung für die Umsatzsteuer des Organträgers.
Im Hinblick auf das Kriterium der Willensdurchsetzung hat der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung zur finanziellen Eingliederung allerdings geändert. Es ist zwar weiterhin im Grundsatz erforderlich, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht. Die finanzielle Eingliederung liegt nun aber auch dann vor, wenn der Gesellschafter zwar nur über 50 % der Stimmrechte verfügt, die erforderliche Willensdurchsetzung bei der Organgesellschaft aber dadurch gesichert ist, dass er eine Mehrheitsbeteiligung am Kapital der Organgesellschaft hält und er den einzigen Geschäftsführer der Organgesellschaft stellt.
Innenumsätze
Weiterhin ungewiss ist, ob die deutsche Handhabung Bestand haben wird, dass innerorganschaftliche Innenumsätze umsatzsteuerlich unbesteuert bleiben. Denn mit Beschluss vom 26.1.2023 hat der Bundesfinanzhof in dieser Sache bereits ein zweites Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof gerichtet.
Quelle BFH-Urteil vom 18.1.2023, Az. XI R 29/22 (XI R 16/18), unter www.iww.de, Abruf-Nr. 234366; BFH, Beschluss vom 26.1.2023, Az. V R 20/22 (V R 40/19), unter www.iww.de, Abruf-Nr. 234377; BFH, PM Nr. 19/23 vom 23.3.2023
Arbeitnehmer
Keine Anwendung der Fahrtenbuchmethode bei Schätzung des Treibstoffverbrauchs
Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen (im Streitfall: Treibstoffkosten) schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus.
Hintergrund
Die Privatnutzung für einen Pkw kann nach der Ein-Prozent-Regel oder der Fahrtenbuchmethode ermittelt werden. Welche Methode steuerlich günstiger ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Ein Fahrtenbuch bietet aber oft Vorteile, wenn
- eine überwiegend betriebliche Nutzung des Pkw erfolgt (= geringe Privatnutzung) und
- ein Pkw mit einem hohen Bruttolistenpreis gefahren wird.
An ein Fahrtenbuch werden hohe Anforderungen gestellt. In der Praxis zeigt sich, dass die meisten Ansatzpunkte für Kritik am Fahrtenbuch bei nicht zeitnahen Aufzeichnungen der Fahrten, bei unschlüssigen Angaben und bei elektronischen Aufzeichnungen gegeben sind. Beanstandungen sind häufig:
- Im Fahrtenbuch ist ein anderer Kilometerstand als auf einer Werkstatt- oder TÜV-Rechnung vom selben Tag vorhanden.
- Bei mehrtägigen Reparaturen lt. Reparaturrechnung erfolgen weiterhin fortlaufende Eintragungen im Fahrtenbuch.
- Die Tankbelege passen im zeitlichen und mengenmäßigen Bezug nicht zu den Kilometerangaben (z. B. laut Fahrtenbuch 2.000 km gefahren, ohne zu tanken).
- Die Eintragungen werden über einen längeren Zeitraum mit gleichem Schriftbild und Stift getätigt („zeitnahe Eintragung“).
Sachverhalt |
Eine GmbH überließ zwei Angestellten (A und B) jeweils ein betriebliches Fahrzeug auch zur Nutzung zu privaten Fahrten und dem Angestellten A zusätzlich zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte. Beide Arbeitnehmer führten ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch. Die Fahrzeuge wurden an einer betriebseigenen Tankstelle betankt, die weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises verfügte.
Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die GmbH die Treibstoffkosten bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils nach Durchschnittswerten bzw. per Schätzung bemessen hatte. Zwar legte die GmbH die Einkaufsrechnungen für den insgesamt im Streitzeitraum bezogenen Treibstoff vor; die anteiligen |
Treibstoffkosten je Pkw hatte sie aber nur anhand des vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauchs sowie des durchschnittlichen Liter-Kraftstoffpreises ermittelt und damit nicht durch Belege nachgewiesen. Daraufhin ermittelte das Finanzamt den geldwerten Vorteil nach Maßgabe der pauschalen Ein-Prozent-Regel.
Das Finanzgericht München erachtete die Bemessung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode dem Grunde nach als zulässig, berechnete den geldwerten Vorteil jedoch neu. Der Bundesfinanzhof sah das aber anders. |
Die Fahrtenbuchmethode ist nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn § 8 Abs. 2 S. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) setzt weiter voraus, dass die durch das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege nachgewiesen werden.
Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus. Dies gilt selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines „Sicherheitszuschlags“ bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.
Quelle BFH-Urteil vom 15.12.2022, Az. VI R 44/20, unter www.iww.de, Abruf-Nr. 233921
Abschließende Hinweise
Grundrentenzuschlag: Steuerbescheide werden automatisch korrigiert
Das Gesetz zum Grundrentenzuschlag ist bereits am 1.1.2021 in Kraft getreten. Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde der Grundrentenzuschlag dann rückwirkend steuerfrei gestellt (§ 3 Nr. 14a Einkommensteuergesetz [EStG]). Wurde dieser im (bestandskräftigen) Einkommensteuerbescheid für 2021 als steuerpflichtig behandelt, muss kein Antrag auf Änderung des Steuerbescheids gestellt werden. Die Änderung erfolgt automatisch.
Hintergrund
Den Grundrentenzuschlag kann nur erhalten, wer mindestens 33 Jahre gearbeitet und dabei unterdurchschnittlich verdient, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat. Das eigene Einkommen sowie das des Ehegatten darf bestimmte Grenzen nicht übersteigen.
Beachten Sie Der durchschnittliche Zuschlag zur Rente beträgt nach den Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales 86 EUR. Die tatsächliche Höhe wird individuell berechnet.
Seit Juli 2021 prüft die Deutsche Rentenversicherung automatisch bei allen neuen Rentenanträgen, ob für die Antragsteller ein Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag besteht. Zeitgleich startete die Prüfung bei den „Bestandsrentnern“. Diese Prüfung wurde Ende 2022 abgeschlossen.
Beachten Sie Wer Anspruch auf einen Grundrentenzuschlag hat, wurde entsprechend informiert.
MERKE Weiterführende Informationen zum Grundrentenzuschlag erhalten Sie u. a.
|
Korrektur der Steuerbescheide
Haben Empfänger im Jahr 2021 einen Grundrentenzuschlag erhalten, wurde dieser Teilbetrag in den Rentenbezugsmitteilungen für den Veranlagungszeitraum 2021 an die Finanzverwaltung gemeldet und (mangels Steuerfreistellung) als steuerpflichtig behandelt.
Durch die rückwirkende Steuerfreistellung des Grundrentenzuschlags sind die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dazu verpflichtet, insoweit korrigierte Rentenbezugsmitteilungen an das Finanzamt zu übermitteln. Sobald das Finanzamt diese geänderte Rentenbezugsmitteilung für 2021 vorliegen hat, wird der Einkommensteuerbescheid 2021 geändert und der Grundrentenzuschlag steuerfrei gestellt. Andere Änderungsvorschriften bleiben unberührt. Geregelt ist dies in § 52 Abs. 4 S. 5 bis 8 EStG.
Beachten Sie Wegen der späten Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2022 im Dezember 2022 kann es nicht ausgeschlossen werden, dass auch Rentenbezugsmitteilungen für 2022 den Grundrentenzuschlag noch in der Bruttorente ausweisen. Auch hier dürften zeitnah geänderte Rentenbezugsmitteilungen an das Finanzamt übermittelt werden.
Quelle Jahressteuergesetz 2022, BGBl I 2022, S. 2294; Grundrentengesetz, BGBl I 2020, S. 1879
Broschüre „Vereine & Steuern“ neu aufgelegt
Das Finanzministerium Nordrhein-Westfalen hat die Broschüre „Vereine & Steuern“ neu aufgelegt (Stand: Februar 2023). Der Ratgeber wendet sich an Vereinsvorstände (insbesondere an Kassenwarte) und behandelt von der Gemeinnützigkeit bis zur Zuwendungsbestätigung wichtige Themen. Die Broschüre ist auf der Webseite des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen (unter www.iww.de/s7908) verfügbar.
Steuern und Beiträge Sozialversicherung: Fälligkeitstermine in 05/2023
Im Monat Mai 2023 sollten Sie insbesondere folgende Fälligkeitstermine beachten:
Steuertermine (Fälligkeit):
- Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): 10.5.2023
- Lohnsteuerzahler (Monatszahler): 10.5.2023
- Gewerbesteuerzahler: 15.5.2023
- Grundsteuerzahler: 15.5.2023
Bei einer Scheckzahlung muss der Scheck dem Finanzamt spätestens drei Tage vor dem Fälligkeitstermin vorliegen.
Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend von dem vierteljährlichen Zahlungsgrundsatz verlangen, dass Beträge bis 15 EUR auf einmal grundsätzlich am 15.8. und Beträge bis einschließlich 30 EUR je zur Hälfte am 15.2. und am 15.8. zu zahlen sind. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch am 1.7. in einem Jahresbetrag entrichtet werden. Der Antrag ist bis zum 30.9. des vorangehenden Jahres zu stellen.
Beachten Sie Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am 15.5.2023 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am 19.5.2023 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Zahlung per Scheck gilt.
Beiträge Sozialversicherung (Fälligkeit):
Sozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des laufenden Monats fällig, für den Beitragsmonat Mai 2023 am 26.5.2023.
Verzugszinsen
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1.1.2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Die Höhe wird jeweils zum 1.1. und 1.7. eines Jahres neu bestimmt.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1.1.2023 bis zum 30.6.2023 beträgt 1,62 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
- für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,62 Prozent
- für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 10,62 Prozent*
* für Schuldverhältnisse, die vor dem 29.7.2014 entstanden sind: 9,62 Prozent.
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:
Berechnung der Verzugszinsen |
|
Zeitraum |
Zins |
vom 1.7.2022 bis 31.12.2022 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2022 bis 30.6.2022 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2021 bis 31.12.2021 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2021 bis 30.6.2021 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2020 bis 30.6.2020 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2019 bis 31.12.2019 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2019 bis 30.6.2019 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2018 bis 31.12.2018 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2018 bis 30.6.2018 |
-0,88 Prozent |
vom 1.7.2017 bis 31.12.2017 |
-0,88 Prozent |
vom 1.1.2017 bis 30.6.2017 |
-0,88 Prozent |
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